House of IFRS

Oft stellt das IFRS-Regelwerk Unternehmen vor die Frage der Abwägung zwischen betriebswirtschaftlichem Nutzen und Erfüllung notwendiger regulatorischer Anforderungen. Die Herausforderung besteht hier aus meiner Sicht darin, effizient das notwendige aus dem Regelwerk umzusetzen, dabei aber immer die Anwendbarkeit und Praktikabilität im Blick zu behalten (Anwendungsorientierung).

Während meiner beruflichen Tätigkeit ist mir vor allem aufgefallen, dass nicht jede theoretische Anforderung sinnvoll umsetzbar ist oder dem Unternehmen einen Nutzen bringt (nachdem IAS 39 endlich der Vergangenheit angehört und vollständig durch IFRS 9 abgelöst wurde bleiben hier zu nennen u.a. die Anforderungen sowie Regelungsdichte im Rahmen der Ermittlung von Impairments im Kontext des CGU-Konzept nach IAS 36 im Anlagevermögen, Regelungen nach IAS 19 zu Pensionsrückstellungen oder auch die Vielzahl verlangter Anhangangaben, z.B. bei latenten Steuern; sicherlich könnte man diese Liste noch erweitern). Dennoch müssen die von der EU veröffentlichten Standards angewandt und umgesetzt werden, um zu einem „true and fair view“ der Finanz- und Ertragslage zu gelangen, der dann auch Gegenstand von Abschlussprüfungen ist (deren Adressaten Gläubiger und Kapitalgeber sind).

Insoweit ist das IFRS-Regelwerk eine Herausforderung, der sich Unternehmen, Mitarbeiter und Abschlussprüfer stellen müssen. Aber die gute Nachricht gleich vorab: Vor dem Hintergrund der jeweiligen Corporate Accounting Policy und dem spezifischen Geschäftsfeld und der Branche des jeweiligen Unternehmens sind die Auswirkungen meist gut zu bewältigen, eine frühzeitige Auseinandersetzung mit den Themen vorausgesetzt.

Darüberhinaus ist insbesondere auch die Dynamik, mit der sich die IFRS ändern, von Anwendern zu bewerkstelligen (Maintenance der IFRS), die auf verschiedene Weise erfolgen und die IFRS-Regelungen ändern können, mittels:

  • Interpretation (IFRIC)
  • Narrow-scope amendment (NSA)
  • Annual improvement (AIP)
  • umfassender IFRS Überarbeitungen (sog. amendments)

Zwar regelt das IASB jeweils, ab welcher Berichtsperiode die erstmalige Anwendung zu erfolgen hat. Da jedoch für die Bilanzierer in der EU das Endorsement der Regelungen, d.h. deren Anerkennung durch die EU, die notwendige Voraussetzung für die Rechtsverbindlichkeit ist, stimmt der Erstanwendungszeitpunkt gem. IASB nicht zwingend mit dem für Unternehmen in der EU maßgeblichen Erstanwendungszeitpunkt überein. Vielmehr kann die EU im Zuge des Endorsementverfahrens abweichende Stichtage vorgeben. Deswegen ist es wichtig, den Prozess laufend zu verfolgen, um so jederzeit über die entsprechende maßgebliche Erstanwendung der Vorschriften informiert zu sein. Siehe dazu auch den EFRAG-Report.

Auf den folgenden Seiten werden einige Kernthemen aus dem „House of IFRS“ erläutert.

 

Hamburg, im November 2021